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Skippertraining im Solent, Mitte November

Als Meeresarm des Atlantiks mündet der Ärmelkanal über die Straße von Dover in die Nordsee.
Hier im englischen Mekka des Segelsportes - im Solent - absolvierte ich Mitte November über den DHH ein Skippertraining (in Anlehnung an den RYA-Yachtmaster Offshore und Ocean).

englisches Mekka des Segelsports: der Solent

Anreise
Gute Fluganbindung nach London Heathrow, danach mit der U-Bahn ca. eine Stunde Fahrt zum Bahnhof "Waterloo Station". Mit dem Zug der "South West Trains" von dort (stündlich) nach Portsmouth, Fahrtdauer ca. 2 Stunden.

Wind und Wetter, Revier
Der Solent ist ein Ganzjahressegelrevier!
Während sich die Nord- und Ostsee ab November überwiegend im Winterschlaf befinden - waren hier im Solent die Yachthäfen und Bojenplätze zu meiner Überraschung noch zu über 90% belegt.
Der Tidenhub im Solent beträgt ca. 4m, die Strömung kann bis zu 5kn erreichen.

Wahrzeichen von Portsmouth

Das Skippertraining
In unserer Trainingswoche rollte ein (Herbst-) Sturmtief nach dem anderen aus (nord-) westlicher Richtung kommend an und sorgte so auf dem Ärmelkanal für 4-5m hohe Wellen. Uns bescherte die Abdeckung der "Isle of Wight" zwar meist noch Wind zwischen 6 und 9 Bft (in Böen bis 10 Bft), jedoch war der Wellengang mit max. 2,0m wesentlich moderater.

Trotz Sturmfock und Trysegel eine Rauschefahrt im Solent
Winddaten vom 20. November
Die Ausbildungsyacht "Seeadler", eine X 482, vom DHH

Der erste Tag bestand darin unsere "Seeadler" kennenzulernen.
Wo ist was und wie funktioniert es, Sicherheitsunterweisung, Notrollen, Motorenkunde ...
Wir übten in der relativ geschützten "Haslar Marina" in Gosport, sicheres Anlegen, zentimetergenaues Herantasten an diverse schwimmende Gegenstände (und dies bei erheblicher Tiden-strömung), sowie sicheres Festmachen mittels der "Lasso-Technik".

Cowes Yacht Haven
Bergungsübung mittels Bergesegel
beispielhafte AIS-Aufzeichnung eines Trainingsabschnittes

Die Woche stand ganz im Zeichen des Trainings, wir verzichteten darauf "große Schläge" zu unternehmen, viel zu anspruchsvoll war das rauhe Wetter. Wir wollten doch im Solent wertvolle Manöver-Erfahrungen sammeln!

Das Beherrschen unsere "X482" stand in Mittelpunkt, überlegtes Handeln, um als Skipper immer die Kontrolle zu behalten.

So "tänzelten" wir spielerisch im Tidenstrom (immer mit gleicher Schiffsausrichtung) um Fahrwassertonnen, oder ließen uns nur vom Tidenstrom den River Medina flussaufwärts treiben, selbstverständlich stand die "Seeadler" quer zur Fließrichtung und der Motor griff nur (vorwärts/rückwärts) korrigierend ein.
Unter dem Motto "Beherrschen unserer X482" standen auch die Übungen unter verschiedenen Bedingungen (mit Seitenwinden und/oder Tidenströmungen) Einhand an- und abzulegen. Dies wurde natürlich immer kritisch begutachtet von fünf weiteren Trainees und unserem Skipper Jürgen.

Die schnellen MOB-Manövern, wie das "Münchner Manöver", das "Quickstopp-Manöver", oder das "Hamburger Manöver" haben wir sehr intensiv trainiert, auch bei unseren Nachtfahrten, dann jedoch mit einem Knicklicht an der Übungsboje. In der Regel wurde die Übungsboje innerhalb kürzester Zeit (30-90 sec) wieder eingeholt, nachts dauerte es wegen den erschwerten Entfernungseinschätzungen "einen Tick" länger.

Tagsüber spielten wir im Solent unterschiedlichste Bergungsvarianten "eines Überbordgegangenen" durch, auch mit einem Bergesegel. Es zeigte sich, dass es trotz der Zuhilfenahme des Bergesegels, es ein gewaltiger Kraftakt ist, eine "normalgewichtige Person" wieder in das Segelboot zu bekommen!

Unsere vom Newtown River (Isle of Wight) aus gestartete Nachtansteuerung zur Marina Port Solent  wurde zuvor  als "Passage Planning" detailliert geplant und niedergeschrieben, so dass dann in der Dunkelheit Kurse, sowie Fahrwassertonnen nur noch "abgehakt" werden mussten.
Leider stand für unsere große Segelyacht in dieser Marina kein Platz mehr zur Verfügung, weshalb  wir in den Genuss einer weiteren Nachtansteuerung zur Haslar Marina in Gosport kamen.

Übung Nachtansteuerung:
AIS-Mitschnitt
Übung Nachtansteuerung: Handbuchausschnitt
Barometer und ...
... Wettermeldung
Rettungswesten-Inspektion

Ein weiteres Highlight unseres Trainingstörns war die sog. "Blindnavigation", d.h.  der Kartenplotter und das Radar wurden abgeschaltet. Der Navigator muss nun "blind" (er blieb am Kartentisch) seinen Rudergänger per Zuruf (nur mit MgK-Kurs und Zeitangaben unter Verwendung einer Stoppuhr) im Fahrwasser des"Beaulieu River" dirigieren:
"... neuer Kurs 130° / 3min 20sec  ...  noch 5-4-3-2-1 sec, neuer Kurs 70° / 4min 50sec ...", so hießen z.B. die Blindnavigation-Angaben.
Wichtig dabei: der Rudergänger muss die zuvor festgelegte "Fahrt über Grund" (FüG 3kn bzw. 6kn) genauestens einhalten! (Anmerkung: bei 6kn FüG entspricht jede Zeit-Minute einer Kabellänge).

wieder in der Haslar Marina in Gosport

Die Blindnavigation ist ein sehr guter Ausbildungsteil des "RYA-Yachtmaster-Offshore". Mit ihr kann man eine Yacht bei Nacht, oder aufziehendem Nebel, nur mit klassischen Navigationsmitteln sicher in einen Hafen bringen.

Weitere Trainingsgebiete die wir anliefen waren
- auf der Isle of Wight: Wotton Creek und der Newtown River,
- auf der Festlandseite: Lymington und der River Hamble.
Dem "Needles Channel" kamen wir bei unseren Übungen recht nahe, so dass wir die Needles mit dem Leuchtturm deutlich sehen konnten, ansteuern wollten wir sie wegen der rauhen See, sowie den ungünstigen Tiden jedoch nicht.

Resümee
Für dieses DHH-Skippertraining war der Besitz des Sportseeschifferscheins (SSS), bzw. des Sporthochseeschifferscheins (SHS) gefordert. Dies ist gerechtfertigt, da bei diesem Training viel vorausgesetzt wird, dementsprechend war auch die Qualität der Trainingswoche. Mit unserem DHH-Trainer und Skipper Jürgen hatten wir einen sehr kompetenten RYA-Yachtmaster-Fachmann, der uns Trainees gekonnt und geduldig die englischen Ausbildungsinhalte vermittelte.
Wie so oft bei "Kojencharter", wurden wir alle sehr schnell ein richtig schlagkräftiges Team und waren mit viel Spaß bei der Sache ...